Diese Erkenntnis ist so alt wie die Medizin selbst. Bereits in den 4000 Jahre alten Schriften ayurvedischer Heilkundiger wird der Darm als das Zentrum des Wohlbefindens beschrieben. Und die moderne Wissenschaft bestätigt diese Einsicht! Nur wenn die Verdauung gut funktioniert, fühlen wir uns rundherum wohl. Denn der Darm steuert mit Milliarden von Mikroorganismen den Großteil aller Stoffwechselvorgänge in unserem Körper, er produziert lebenswichtige Vitamine, Enzyme und Aminosäuren und er neutralisiert alles Schädliche, das mit der Nahrung in unseren Organismus gelangt.
Nirgendwo sonst im Körper findet ein intensiverer Kontakt mit fremden Stoffen statt als im Darm. Hier landet die gesunde Nahrung ebenso wie alle künstlichen Farbstoffe, Emulgatoren und Konservierungsmittel. Deshalb benötigt unsere Darmwand eine äußerst leistungsstarke Schutzbarriere in Form von gesunden Bakterien, damit alles, was schaden könnte, nicht unsere Darmwand durchdringt und somit ins Blut gelangt.
Unser Held in der Abwehr
Warum sind manche Leute ständig erkältet, andere fast nie? Die Erklärung dafür könnte im Darm liegen.
Na, wie läuft es mit der Verdauung? So eine peinliche Frage gab es bisher nur hinter der vorgehaltenen Hand oder beim jährlichen Routinecheck beim Hausarzt. Wer redet schon gerne offen über seinen Stuhlgang?
Das könnte sich bald ändern, denn die Wissenschaft rund um den Darm und seinen faszinierenden Mikrokosmos kommt gerade richtig in Fahrt. Immer neue Erkenntnisse über seine komplexen Funktionen zeigen dabei: Der Darm ist so viel mehr als nur eine Verdauungsschleuse. Er ist Stoffwechselgigant, Immunbooster, Stimmungsaufheller und Schlankmacher.
Aufs Feinste zusammengelegt schmiegt sich unser Darm in den unteren Bauchraum. Während wir schlafen, sitzen oder in die Wolken schauen, leistet er schier Unglaubliches und gönnt sich dabei keine Sekunde Ruhe.
Der Darm ist wohl die fleißigste Fabrik der Welt und seine Unternehmenszahlen beeindrucken: Seine acht Meter Länge ergeben auseinandergefaltet rund 400 Quadratmeter Fläche. 100 Billionen Bakterien aus rund 1000 verschiedenen Stämmen sorgen dafür, dass jeder Bissen, der durch die Darmzotten rutscht, auf Zellgröße verkleinert wird.
Und nicht nur das: Rund um die Uhr produzieren die Darmbakterien wichtige Abwehrstoffe und schicken diese genau dort in den Körper, wo sie gerade benötigt werden. Eine hochkomplexe Schaltzentrale also, bei der selbst die neuesten Computer der Welt noch Nachhilfe nehmen könnten. Die Forschung belegt: Gäbe es diesen rund zwei Kilogramm schweren Mitarbeiterstab, wissenschaftlich „Mikrobiom“ genannt, in unserem Verdauungsschlauch nicht, wäre es schlecht um uns bestellt.
Das Darm-Mikrobiom eines Menschen ist so individuell wie sein Fingerabdruck und wird geformt von Ess- und Lebensgewohnheiten. Ein Mexikaner hat andere Darmbakterien als ein Finne, und jemand, der rohköstlich lebt, andere als ein Fast-Food-Fan.
Während die Forschung lange annahm, dass sich die Darmbakterien erst nach der Geburt ansiedeln, weiß man heute: Die erste Kolonie guter Darmbakterien bezieht die neuen Räumlichkeiten schon im Mutterleib und zwar über die Blutbahn. Auch beim Stillen verabreicht die Mutter ihrem Kind Darmbakterien.
Unser Körper bekommt täglich eine ganze Menge Besuch. Ständig schauen Keime und Bakterien vorbei und wollen in uns leben. Nicht alle meinen es dabei unbedingt gut mit uns. Vor allem Krankheitserreger und Gifte sollten schnell wieder zur Tür hinaus. Für den Rauswurf sorgt das Immunsystem. Es sitzt zu 80 Prozent im Darm.
Denn das Gleichgewicht zwischen den 1000 Bakterienstämmen sorgt dafür, dass der Stoffwechsel rundläuft und Nährstoffe in die Zellen geschleust werden. Und dass Gifte und andere Stoffe, die nicht in unseren Körper gehören, ganz schnell wieder rauskommen und Vitamine, die wir für Wachstum und Gesundheit benötigen, aufgenommen und auch produziert werden. Die Formel ist einfach: Ist der Darm gesund, sind wir es auch.
Umgekehrt können Durchfall oder Darmkoliken die Lebensqualität richtig runterziehen. Auslöser gibt es genug: Infekte, Stress oder Medikamente, allen voran Antibiotika. Die Arznei ist ein Totalschock für das Darmmikrobiom, besonders, wenn es bereits geschwächt ist. Umso wichtiger, den Darm mit einer guten Ernährung zu versorgen.
Angemessen wären in unseren Breiten nach den gängigen Empfehlungen zum größten Teil pflanzliche Kohlehydrate, unter 20 Prozent Fett, etwa 15 Prozent Eiweiße, wenige Zucker und reichlich Ballaststoffe.
Besonders reichhaltige Bakterienlieferanten sind fermentierte und/oder vergorene Lebensmittel (Sauerkraut, eingelegte Gurken, Miso, Kombucha, Brottrunk). Auch regelmäßige Bewegung und Stressreduktion gehören zum Pro-Darm-Programm. die schon aufeinander eingespielt sind und sofort mit nützlicher Arbeit loslegen.
Als „Bakterienfutter“ sind dabei optimal: Spargel, Schwarzwurzeln, Zwiebeln und Knoblauch, Topinambur, Chicorée und Kartoffeln.